PRESSEKONFERENZ AM 31.01.2022 UM 11 UHR

Nach Festsetzung in der Türkei: Kölnerin Hamide Akbayir kritisiert deutsche Politik
Von Uli Kreikebaum, Foto: Alexander Schwaiger
 
Hamide Akbayir, die Linken-Politikerin, die viereinhalb Monate in der Türkei festgehalten wurde und seit Donnerstagabend wieder in Köln ist, steht in einer Reihe mit Pablo Picasso, Greta Thunberg, Andy Warhol und dem Rapper Tupac Shakur. Der Kölner Künstler Ali Zülfikar hat von Akbayir wie von den berühmten Persönlichkeiten ein mehr als überlebensgroßes Bleistiftporträt angefertigt. In Akbayirs rechtem Auge spiegelt sich der Kölner Dom, im linken eine Friedenstaube. Am rechten Bildrand ist eine halboffen stehende Tür ihres Hauses in der Türkei zu sehen, die mit Flatterband und einem Siegel der türkischen Justiz versperrt ist.
 
 
„Ich wollte Hamide mit dem Bild während ihrer Zeit in der sinnlosen Geiselhaft in der Türkei unterstützen“, sagte Zülfikar anlässlich einer Konferenz zur Freilassung Akbayirs am Montag in seinem Atelier in Poll. „Sie hat mir auch einmal in einer schwierigen Zeit geholfen.“
 
16 Stunden lang verhört
Die 62-jährige Akbayir, die am 2. September 2021 in der Türkei festgesetzt und 16 Stunden lang verhört worden war, bevor sie unter der Auflage einer Ausreisesperre das Polizeirevier verlassen durfte, zeigte sich berührt. „Die Solidarität auf allen Ebenen hat bewirkt, dass ich jetzt hier sein kann“, sagte sie, und bedankte sich bei ihren Unterstützern: Von ihrer Nachbarschaft, die einen Brief ans Auswärtige Amt schrieb, über die Universität zu Köln, die eine Petition für ihre Freilassung initiierte, bis zu ihren Parteifreunden um Stadtrat Jörg Detjen und dem Kölner Stadtrat, der eine parteiübergreifende Resolution für ihre Freilassung verabschiedet hatte.
 
ARTI TV, Live Sendung  beim Pressekonferenz, Interview mit dem Künstler Ali Zülfikar und Hamide Akbayir 
 
Vorwurf wie bei allen Regimegegnern: Terrorpropaganda
Akbayir war am 15. Juni 2021 in die Türkei gereist, um Verwandte zu besuchen und eine Familiengrabstätte zu pflegen. Seitdem sie im Ruhestand ist, pendelt sie zwischen Köln und ihrer türkischen Heimat. Am Tag nach ihrer Einreise wurde ein Haftbefehl gegen sie ausgestellt. Am 2. September wurde Akbayir in Karakoçan (Provinz der Stadt Elazığ) von der Staatsanwaltschaft per Video verhört. Zweimal pro Woche musste sie sich bei der Polizei melden. Vorgeworfen wird ihr wie fast allen Kritikerinnen und Kritikern des türkischen Präsidenten Erdogan „Mitgliedschaft in einer terroristischen Organisation und Propaganda“.
 
 
Hamide Akbayir, die seit 1998 ausschließlich die deutsche Staatsbürgerschaft besitzt, bezeichnet die Vorwürfe als „willkürlich und absurd“. Seit vielen Jahren mache sie sich für Frauen- und Minderheitenrechte in der Türkei stark und sage dazu in Deutschland immer wieder ihre Meinung. „In den Augen der türkischen Regierung ist man dann offenbar ein Terrorist. Das ging Mesale Tolu so, genauso wie Gönül Örs, Hozan Cane, Adil Demirci und vielen anderen.“