ali zülfikar | lebendige synthese von tradition und moderne

Der Kunsthandel | Das Magazin für Kunsthändler und Einrahmer | September 2011

ali zülfikar |

lebendige synthese von tradition und moderne

Nicht nur in seinen Motiven, auch in seinen Materialien wie Wolfarben und Kelim-Teppichen schlägt der Kölner Künstler Ali Zülfikar den Bogen von archaischer Überlieferung zu moderner Welt. Das macht seine Auseinandersetzung mit Herkunft, Migration und grenzüberschreitenden Kulturansätzen so spannend und vielsietig. 

Ali Zülfikars Interesse an der uralten Kultur, auf die er sich immer wieder bezieht, und sein Bewusstsein für die unerschütterliche Dauer kultureller Traditionen hat zweifellos mit seiner Herkunft zu tun. Geboren wurde er am 15. März 1971 in einem kleinen Dorf im ostanatolischen Teil der Türkei, in dem die Spuren der uralten Kultur noch überall präsent waren. Schon als Kind zog es ihn zur Kunst, beginnend mit Zeichnungen, die er für ein Mädchen anfertigte, in das er sich verliebt hatte.

Im intergymnasialen Wettbewerb bekam er einen ersten Preis. Im Jahr 1989 studierte an der Universität Firat/ Elazig im Osten beim Prof. Memduh Kuzay. Von da an wurde die bildnerische Gestaltung zu seinem Element, seine Erfahrungen auszudrücken und mit anderen Menschen in Kommunikation zu treten.

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Der Künstler Ali-Zülfikar malt – in der Tradition seiner Herkunft  und Wurzeln – orientalisch erzählend in Wollfarben mit sinnlich leuchtenden Farbtönen. Die Erfahrung im Umgang mit Wollfarben hat er von seiner Mutter und anderen Experten seiner Heimat erhalten. Seit Jahren hat er die Methoden bei der Herstellung seiner Farben selbst weiter entwickelt.

Bevorzugte Farben sind Rot - Töne in allen Schattierungen, die mit einem fröhlichen, sonnigfarbig strahlenden Gelb kombiniert werden. Oft ist aber auch ein tiefgründiges Blau die Basis seiner Arbeiten. Als Betrachter nimmt man die Auseinandersetzung des Künstlers mit den lebendigen Naturfarben – Pflanzenfarben- und der ihnen eigenen Materialität und Struktur wahr. Einige Farben wie zum Beispiel Blau, Dunkelblau und Grün werden aus speziellen Rohstoffen hergestellt.

Die Farben bezieht der Künstler direkt aus seiner Heimat, der Türkei. In seinem Atelier verarbeitet er sie in subtiler Weise weiter. Seine Farben sind insofern einmalig, da sie nicht - wie sonst bei Pflanzenfarben üblich – ausbleichen, sondern noch nach Jahren ihre starke Farbausstrahlung behalten.  
 
Entsprechend seinem Herkommen werden die Farbstrukturen durch original Kelim Fragmente unterstützt. Der erzählende Stil der Bilder gestaltet sich aus archaischen Motiven  und Symbolen, die z.B. Karawanen, Wanderung und Migration thematisieren. Der Künstler verarbeitet dabei Erfahrung, die er selbst gemacht hat und die er in seinen Werken der nachfolgenden Generation näherbringen möchte.

„Die Reise in die Zukunft“, wie eines der Bilder betitelt, beschreibt nicht nur Zülfikars individuellen Lebensweg als Beispiel für die Erfahrung vieler Migranten in der Gegenwart. Zugleich ist damit die Überzeugung verbunden, dass Kultur grenzenlos ist und ein Kulturgemisch wie es vor langer Zeit in Babylon begründet wurde, von aktueller Bedeutung ist. Ganz in diesem Sinne zeigt sich, dass Zülfikars malerischer Ansatz dann auch nur auf den ersten Blick völlig in der Tradition seiner Herkunft aufgeht. Genaueres Hinsehen macht deutlich wie er die figürlich-folkloristischen Wurzeln der orientalischen Bildwelt mit den abstrakt-freien Elementen der modernen abendländischen Kunst verknüpft. Indem er immer wieder große Materialstücke traditioneller Kelim-Teppiche in seine Bildkompositionen einarbeitet und seine Motive (die Pause mit der Tassen, der Die Orange, die Frau Elfida) mit fließenden und tropfenden Farbspuren in eine bewegte Turbulenz bringt, hat er einen ganz eigen Stil „Lemonland“ entwickelt.

So zeigt jedes einzelne Bild von Zülfikar wie sehr sich in der gelebten Erfahrung die Erinnerung an den Kulturkreis, in dem man aufgewachsen ist, und aktuelle Einflüsse einander durchkreuzen. Dabei erzählt Zülfikars Kunst grundsätzlich von Menschen, ihrer Beziehung zur Natur, ihrer (zurückgelassenen) Heimat, ihrer Existenz im Spannungsfeld von Liebe und Gewalt. Seine äußerst sinnlichen, farbleuchtenden Bilder, in denen stets eine sanfte Melancholie wohnt, sind darin keine Spur folkloristisch. Vielmehr sagen sie uns einiges über das Leben in der Moderne.

Zitat von Dr. Winfried Gellner | 10. Juli 2010